
Kronen Zeitung
RED BULL SALZBURG
Erste Risse im Erfolgsmodell & das Ende einer Ära
Zweiter Teil der „Krone“-Serie „Die Akte Red Bull Salzburg“: Cheftrainer Matthias Jaissle liebäugelt mit einem Abschied von den Bullen. Der FC Bayern München nimmt Christoph Freund unter Vertrag. Die Balance geht verloren.
Wir schreiben die Saison 2022/23. Salzburg hatte gerade den neuerlichen Aufstieg in die K.-o.-Phase der Champions League durch ein 0:4 bei Milan verpasst. In der Bundesliga lag die Mannschaft von Matthias Jaissle an der Spitze und ging mit einem Sechs-Punkte-Polster in die Winterpause.
Die Superiorität der Vorsaison, als das Christkind für die Bullen ein 14-Punkte-Guthaben auf den ersten „Verfolger“ bereitgehalten hatte und man international noch vertreten gewesen war, war nicht mehr gegeben. Nach außen hin schien es dennoch keinen Grund zur Sorge zu geben. Intern taten sich allerdings erste Risse auf. Jaissle, dessen eigenes Wohl immer an erster Stelle stand, war wechselwillig. Die Verantwortlichen wussten davon und bastelten hinter den Kulissen an einem Plan B. Dieser hört auf den Namen Gerhard Struber.
Jaissles Wechselwunsch zerschlug sich zunächst
Da sich Jaissles Wechselwunsch zerschlug, sollte diese Idee vorläufig in der Schublade verschwinden. In der Hoffnung, alles würde dennoch so weiterlaufen wie bisher, startete man ins Jahr 2023. Gleich im ersten Pflichtspiel folgte die Ernüchterung: Im Cup-Viertelfinale kam zuhause gegen Sturm Graz das Aus. Salzburg scheiterte im Elfmeterschießen an den Steirern, die die sportliche Kluft zum Serienmeister spürbar verkleinerten und die Siegesserie der Bullen im nationalen Pokalbewerb auf dramatische Weise beendeten.
Ein Titel war futsch, doch in der Liga ließen die Jaissle-Mannen nichts mehr anbrennen und fixierten mit sieben Punkten Vorsprung auf Sturm den zehnten Meisterteller en suite.
In der Sommerpause kam es zu einem weiteren Kaderumbruch, so verabschiedeten sich etwa Nicolas Seiwald, Benjamin Sesko, Junior Adamu und Philipp Köhn aus der Mozartstadt. Wenige Tage vor dem ersten Pflichtspiel der Saison folgte ein noch deutlich tieferer Einschnitt. Der FC Bayern gab die Verpflichtung von Christoph Freund als Sportdirektor der Münchner bekannt.
Christoph Freund – ein Mann mit Handschlagqualität
Mit dem Leoganger, der im Herbst 2022 bereits kurz vor einem Wechsel zum FC Chelsea stand, in letzter Sekunde aber sein Bauchgefühl sprechen ließ und den Londonern absagte, sollte eine prägende Figur die Salzburger verlassen.
Nach 17 Jahren ging damit eine Ära zu Ende. Freund hatte 2006 als Teammanager begonnen. Unter Ralf Rangnick, der ihn maßgeblich geprägt hat, wurde er 2012 Sportkoordinator, drei Jahre später nach dem Abgang des Deutschen dessen Nachfolger in der Position des Sportdirektors. Mit Freund verlor Salzburg nicht nur einen absoluten Vollprofi und Experten: Mit ihm ging auch ein Stück Menschlichkeit verloren.
Der Salzburger war stets ein Mann mit Handschlagqualität und genoss bei den Spielern und Mitarbeitern allerhöchsten Respekt. Er verstand es wie kaum ein anderer, seinem Gegenüber die nötige Wertschätzung entgegenzubringen und hatte für jeden ein freundliches Wort übrig. Obwohl er nie die Öffentlichkeit suchte, wurde er im Laufe der Jahre zum Gesicht des Vereins. Legendär waren seine Auftritte bei Titel-Partys, wo er gerne zum „Feierbiest“ mutierte und Vollgas gab.
Die Balance ging verloren
Als Nachfolger präsentierten die Bullen eine interne Lösung. Nach dem Vorbild von Freund sollte Bernhard Seonbuchner dessen Agenden übernehmen. Der Bayer war bereits viele Jahre in der Akademie tätig und bildete dort mit Manfred Pamminger ein Erfolgsgespann. Mit seiner Ernennung zum neuen Sportdirektor gingen allerdings Änderungen einher. Freund hatte sich über Jahre hinweg ideal mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Stephan Reiter ergänzt. Der eine glänzte im sportlichen Bereich, der andere führte Salzburg als Herr der Zahlen in neue finanzielle Sphären. Dieses Gleichgewicht geriet nun aus der Balance.

Obwohl es sportlich über eine Dekade hinweg herausragend lief, wollten sich nun Leute verwirklichen und die Zukunft der Salzburger aktiv mitgestalten. Vielleicht sogar deshalb, weil es so gut lief. Salzburg war das Aushängeschild im Fußball-Imperium der Bullen und stellte Leipzig in den Schatten. Das gefiel nicht jedem.
Lesen Sie im dritten Teil: Ein Champions-League-Sieger mischt sich ein
Hier geht‘s zu Teil 1: Mit dem Tod des Leitbullen begann der Sinkflug
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